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Über
1. Begriff und Geschichte
Der Begriff „Mediation“ wird vom lateinischen Adjektiv „medius“ abgeleitet. Das bedeutet zwischen zwei Ansichten oder Parteien die Mitte haltend, einen Mittelweg einschlagend, sich neutral, unparteiisch verhaltend.
Die Mediation hat jahrtausende alte Wurzeln. Seine Ursprünge hat die Mediation zum Beispiel in den Stammesgesellschaften Amerikas und Afrikas. Sie läßt sich aber auch in Europa weit zurückverfolgen. Zur Herkunft der Mediation aus uralten, in tribalen Gemeinschaften entwickelten Mechanismen zur Streitschlichtung siehe Uwe Wesel, Streitschlichtung im Schatten des Leviathan, NJW 2002, 415. Größere Bedeutung als in Deutschland hat die Mediation bereits in den USA sowie in Frankreich. Zur Geschichte der Mediation vgl. auch Risse, WM 1999, 1864; Weigand, BB 1996, 2106; Gottwald, BRAK-Mitt. 1998, 60.
Mediation (Vermittlung) ist ein außergerichtliches, nicht öffentliches Verfahren konstruktiver Konfliktregelung, bei dem die Parteien eines (Rechts-)Streits mit Unterstützung eines Dritten, des Mediators, einvernehmliche Regelungen suchen, die ihren Bedürfnissen und Interessen dienen. Mediation ist grundsätzlich eine besondere Form der Verhandlung, die durch einen Dritten unterstützt wird (Haft, Verhandlung und Mediation, 2. Auflage 2000, S. 253; Trenczek Leitfaden zur Konfliktmediation, ZKM 2005, 193 ff.). Ziel der Mediation ist eine verbindliche, in die Zukunft weisende Vereinbarung.
Die Leitung und Moderation von Verhandlungen bzw. der Konfliktbearbeitung wird einer besonders geschulten, unabhängigen und unparteiischen Vermittlungsperson („Mediator“) übertragen. Der Mediator wird dabei nach festen Regeln als Vermittler zwischen den Parteien tätig. Die Mediatoren unterstützen die Parteien dabei, die strittigen Themen und Streitpunkte zu identifizieren sowie Lösungsoptionen zu erarbeiten. Die Mediatoren entscheiden aber nicht in der Sache, nicht „für“ oder „über“ die Parteien. Die Parteien können ihre Lösung oder Regelung selbst finden, damit ihnen nicht eine „Lösung“ durch einen Dritten (z.B. das Gericht) auferlegt wird. Dabei stellt sich meistens heraus, dass die Parteien das „entweder – oder“ überwinden und – oft sogar über den ursprünglichen Streitgegenstand hinaus – „gewinnen“, d.h. eine Lösung oder Regelung finden können, die ihren Interessen gleichermaßen dient. Wird schließlich eine Einigung erzielt, kann diese in einer Vereinbarung festgehalten werden.
2. Verfahrensgrundsätze
Das Mediationsverfahren ist durch diese sechs Grundprinzipen geprägt:
•Allparteilichkeit/Unabhängigkeit des Mediators; Mediatoren haben keine Entscheidungsgewalt im Hinblick auf den Streitgegenstand, sie sind weder Richter noch Schlichter; aufgrund ihrer Allparteilichkeit führen Mediatoren keine Rechtsberatung durch:
•direkte Kommunikation und Selbstverantwortlichkeit der Parteien
•Autonomie: die Parteien bestimmen Anfang und Ende der Mediation
•Vertraulichkeit und Nicht-Öffentlichkeit; informelle/außergerichtliche Konfliktbearbeitung, flexible Verfahrensgestaltung
•Ergebnisoffenheit der Verhandlungen und Konsensorientierung
•interessensgerechte und zukunftsgerichtete Regelung/Lösung des Konflikts (sog. win-win-Situation)
3. Wann ist Mediation sinnvoll?
Konflikte sind alltäglich;sie werden zwischen Nachbarn, (Ehe-, Geschäfts- oder anderen) Partnern und Gesellschaftern, in Familien und Lebensgemeinschaften, am Arbeitsplatz, zwischen Unternehmen, im Handel und Straßenverkehr, zwischen Kollegen und Unternehmen, zwischen Mietern und Vermietern, … ausgetragen.
Konflikte resultieren häufig aus unterschiedlichen Wahrnehmungen, Missverständnissen oder – oft nur vermeintlich – unterschiedlichen Interessen. Vielfach wissen die Betroffenen nicht, wie sie einen Streit lösen können.2 Es bleibt dann offenbar nur das streitige Verfahren, der Gang zum Gericht, womit die Parteien die Kontrolle über das Verfahren und dessen Ergebnis weitgehend aus der Hand geben. Das kostet Zeit, Geld und Nerven. Streiten will gelernt sein! Nicht jeder Streit muss vor Gerichten ausgetragen werden.
In Konflikten ist die Kommunikation mit der anderen Konfliktpartei oft gestört oder abgebrochen. Die Parteien nehmen oft gegensätzliche Positionen ein, ohne die diesen Standpunkten tatsächlich zugrundeliegenden Interessen in den Blick zu bekommen. Dann kann es hilfreich sein, Dritte einzuschalten, die allparteilich und unparteiisch das Gespräch wieder in Gang bringen, um Sichtweisen und Interessen zu klären, um neues Vertrauen zu entwickeln, um sich auf neue, kreative, vielleicht auch ungewohnte Lösungsoptionen einzulassen. Der Konflikt sollte aber nicht durch den Dritten entscheiden werden, denn die beteiligten Personen können grundsätzlich bessere Entscheidungen für sich treffen als eine Autorität von außen.
Das Mediationsverfahren basiert auf den Erkenntnissen der Kommunikations- und Konfliktforschung.
Aufgrund ihrer interdisziplinären Kompetenzen sind Mediatoren in der Lage, den Dialog zwischen den Konfliktpartnern zu fördern, um einen Konsens, eine einvernehmliche Regelung oder Lösung zu finden, bei der beide/alle Parteien „gewinnen“ können. Dies führt in aller Regel zu einer nachhaltigen Zufriedenheit der Parteien. Über 80% der Mediationsverfahren enden mit einer einvernehmlichen Regelung; über 80% der Mediationsteilnehmer sind mit Verlauf und Ergebnis einer Mediation zufrieden, während dies in gerichtlichen Verfahren bei kaum einem Drittel der Betroffenen der Fall ist.
4. Vorteile der Mediation
Mediationsverfahren bieten für die Konfliktparteien wie für die sie begleitenden Anwälte eine Reihe von Vorteilen:
•Selbstbestimmung und Planungssicherheit: keine Entscheidung durch Dritte; die Parteien bestimmen die Mediatoren, Anfang und Ende, Inhalt und Ergebnis des Mediationsverfahrens; unbürokratisches, flexibles Verfahren (u.a. abgestimmte Terminplanung)
•angemessene Berücksichtigung der Standpunkte, Interessen und Ziele der Parteien
•zukunftsorientierte Lösung bei der alle Seiten gewinnen können (sog. win-win-Situation); Erzielung wirtschaftlich sinnvoller und nachhaltiger Ergebnisse
•hohe Erfolgschancen: bei Durchführung eines fachgerechten Mediationsverfahrens liegt die Einigungsquote i.d.R. bei 80-90%
•Erhaltung, Wiederherstellung oder Neugestaltung und Verbesserung der geschäftlichen bzw. persönlichen Beziehungen
•Zeitersparnis gegenüber Gerichtsverfahren, insb. bei mehreren Instanzen
•Reduzierung der (Rechtsverfolgungs-)Kosten, Schonung personeller und betrieblicher Ressourcen, Vermeidung von Reibungsverlusten (z.B. Abstellen von Mitarbeitern, interne und externe Besprechungen zur Vorbereitung von Gerichtsverfahren
•Vertraulichkeit, Bewahrung von Geschäftsgeheimnissen, keine Gefahr der Rufschädigung und Imageverlusten, keine Presse
•nachhaltige Steigerung der persönlichen und betrieblichen Produktivität durch die Erfahrung konstruktiver Konfliktlösungsverfahren
•Verringerung emotionaler Kosten in Streitverfahren, nachhaltige Zufriedenheit mit Verlauf und Ergebnis des Mediationsverfahrens
Mediation ist stets eine zusätzliche Option. Zwar sollen gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden bzw. u.U. bereits eingeleitete gerichtliche Verfahren während des Mediationsverfahrens ruhen. Der Rechtsweg ist aber (danach) nicht ausgeschlossen.
5. Anwendungsgebiete und Geeignetheit der Mediation
Die Methode der konstruktiven Konfliktlösung durch Mediation ist universell einsetzbar.Im Vordergrund steht die Lösungsorientierung; Harmonie herzustellen ist nicht das vordringliche Ziel. Mediation ist immer dann sinnvoll, wenn die Parteien die Lösung ihres Konfliktes selbst bestimmen wollen, insbesondere wenn sie – aus welchen Gründen auch immer – künftig weiter Kontakt pflegen. Die Anwendungsgebiete umfassen u.a. so unterschiedliche Aufgaben wie die Vermittlungstätigkeit…
•… im Unternehmens- und Wirtschaftsbereich
◦Konflikte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern
◦Vorgesetzten und Mitarbeitern
◦Geschäftsleitung und Betriebs-/Personalrat
◦zwischen Partnern/Gesellschaftern/Eigentümern, z.B. zur Regelung der Unternehmens-nachfolge (insb. in Familienunternehmen)
◦zwischen Abteilungen/Arbeitseinheiten
◦bei konzerninternen Konflikte aufgrund Fusionen, Übernahmen, Umstrukturierungen
◦zwischen Geschäftspartnern, bei Konflikten zwischen Herstellern, Handwerkern, Händlern, Auftragsnehmer einerseits und Verbrauchern, Kunden und Klienten andererseits
•… im Privatbereich:
◦zwischen (sich trennenden) Ehepartnern sowie in anderen Familien- und Generationenkonflikten
◦in Unfällen mit Sach- und Personenschäden
◦im Mieter/Vermieter-Verhältnis
◦in Erbschaftsauseinandersetzungen
◦in Nachbarschaftsstreitigkeiten oder sogar zwischen Opfer und Täter einer Straftat
Grundsätzlich lassen sich alle Konflikte mediieren, selbst in Fällen, in denen die Atmosphäre aufgrund von erheblichen Enttäuschungen und Verletzungen vergiftet ist und eine gütliche Einigung unmöglich erscheint. Man kann vielmehr anders herum feststellen: Mediation ist dann angebracht, wenn der Konflikt so weit eskaliert ist, dass die Beteiligten außerstande sind, alleine in direkten Verhandlungen die Probleme kooperativ zu lösen. Entscheidend ist letztlich die Bedürfnis- und Interessenslage der Parteien, die Bereitschaft, „trotz allem“ einvernehmliche Lösungen zu erarbeiten. Besonders geeignet ist Mediation, wenn die Parteien – aus welchen Gründen auch immer – ein Interesse an einer künftig (weiter)bestehenden (persönlichen oder geschäftlichen) Beziehung haben. Die Durchführung eines Mediationsverfah-rens ist insbesondere sinnvoll, wenn:
•die Auseinandersetzungen sehr komplex und verworren sind
•zwischen den Parteien “nichts mehr geht”, der Gesprächsfaden abgerissen ist
•der Konflikt stark emotionalisiert ist
•auf einen zukünftigen Kontakt oder eine Zusammenarbeit nicht verzichtet werden kann
•eine schnelle Lösung gefunden werden muss
•größtmögliche Vertraulichkeit gewahrt werden soll
•die Kosten niedrig gehalten werden sollen
Ein Beispiel für eine Mediationsvereinbarung gibt’s hier.
OffeneFrage: Gibt’s dazu eigentlich Statistiken, also wieviele Mediationsverfahren es überhaupt gibt und wie die sich auf die verschiedenen Gebiete verteilen?
•Für die Niederlande veröffentlicht das Niederländische Mediationsinstitut (NMI) regelmäßig Zahlen zu den Mediations-Aktivitäten, berichtet die Fa. ZAK GmbH und legt diese Zahlen auch vor3: Demnach entfallen über 43 % der Mediationen auf den Sektor Partnerschaft/Familie, über 25 % auf den Sektor Arbeitsverhältnisse. Mehr als 16 % werden dem Sektor Wirtschaft (im weiteren Sinne, aufgeteilt in Wirtschaft, Bauindustrie, Handel, Landbau usw.) zugerechnet.
In der Zeitschrift „Spektrum der Mediation“ I/2010, S. 4 ff. nennt Prof. Trenczek einige Zahlen: etwa 15.-20.000 Mediationen in Trennungs- und Scheidungsverfahren sowie ca. 30.000 sog. Täter-Opfer-Ausgleich-Fällen. Eine verlässliche statistische Datenbasis über Zahl und Verlauf von Mediationsverfahren gibt es in Deutschland nicht, spielt sich doch Mediation notwendig im nicht öffentlichen, das Vertrauen und die Privatsphäre schützenden Raum ab. Hohe Fallzahlen (mehrere Hundert im Jahr) vernimmt man teilweise aus den Projekten der sog. gerichtinternen Mediation durch Richter/innen.
6. Kosten
Da auch ein Mediator von etwas leben muss, kostet Mediation in der Regel Geld. Mediatoren rechnen meist nach Stundensätzen zwischen 80 und 350 € an. Hinsichtlich der Beilegung von Familienstreitigkeiten bieten einzelne Jugendämter diese Dienstleistung kostenlos an.